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Bergauf und Bergab
«Bergauf und Bergab» heisst der Dokumentarfilm über eine Familie hier im Schächental. Heute Abend wollen Kristin, die Berlinerin die in der Käserei arbeitet, und ich den Film unbedingt im Kino in Altdorf anschauen.
Ich komme etwas früher aus dem Griesstal zurück, damit ich noch duschen kann. In der Zwischenzeit ziehen dunkle Wolken auf. Es ist halb fünf. Ich gehe zu Subi und spüre die ersten Tropfen. Vorne bei der Käserei regnet es bereits kräftig. Kristin und ich fahren zur Bergstation. Gerade als wir aussteigen, kracht es heftig. Mein erstes richtiges Gewitter hier oben. Wir rennen zur Bergstation. Ich sehe wie Bordercollie Sally auf der Wiese steht und irgendetwas fixiert. Da schlägt ein Blitz ein und Sally rennt panisch über die Wiese. Zum Glück sind meine Hunde in der Hütte eingesperrt. Sina tut mir leid, sie hat panische Angst vor Gewittern.
Kristin und ich müssen warten. Bei Gewitter fährt die Bahn nicht - sie bleibt einfach stehen. Wir haben keine Lust am Seil zu hängen, während die Blitze ringsherum einschlagen.
Um viertel vor sechs meint Seilerin Bernadette, wir könnten einen Versuch wagen und die Gondel starten. Gut so - schliesslich beginnt um 18.30 Uhr der Film in Altdorf. Nach halber Strecke schlägt ein Blitz ein. Das Bähnli bleibt stehen, fährt aber nach nicht einmal einer Minute weiter. Wir sind froh, dass wir heil unten ankommen.
Vor dem Kino in Altdorf erwartet uns eine riesige Menge wartender Urner. Alle wollen sich den Film ansehen. Kristin hat nicht reserviert und wir können also nur hoffen, dass es noch Plätze gibt. Wir stehen an. Nach einer halben Stunde bemerke ich an der Eingangstür ein Schild: «Heute ausverkauft».
Wir geben nicht auf und fragen an der Kasse, ob wir warten können. Vielleicht holt ja jemand die reservierten Tickets nicht ab. Nach zehn Minuten winkt die Frau an der Kasse ab. Nichts zu machen. Wir haben in der Zwischenzeit ein Kino in Luzern angerufen. Die Vorstellung dort beginnt um halb neun und es hat noch freie Plätze. Wäre theoretisch machbar.
Ein anderer Kinobesucher fragt, ob wir nicht auf der Treppe sitzen dürfen. Die Frau fragt nach. Als sie wiederkommt verneint sie. Wir wollen das nicht glauben. Ich erzähle ihr, dass wir auf der Alp arbeiten und extra heute alles organisiert haben, um den Film zu sehen. Ein Mann, der auch im Kino arbeitet, hat das gehört und sagt: «Kommt rein!» Wir flitzen in den Saal und setzen uns auf die Treppe.
Der Film ist sehr interessant und bringt uns das Leben der Älpler noch näher. Kristin fragt mich ab und zu was die da sprechen. Es ist nicht einfach als Berlinerin einen Film in Urner-Dialekt zu verstehen. Sogar ich muss bei einigen Ausdrücken passen. Aber ich kann den Film trotz dem Dialekt allen nicht Urnern entfehlen. Als Starthilfe gibt's hier einige Übersetzungen.
Bevor wir ins Tal fuhren haben wir Bernadette gefragt, ob wir erst um halb elf hochfahren können (normalerweise fährt die letzte Bahn auf die Sittlisalp um 20 Uhr). So können wir noch gemütlich essen gehen. In dem Lokal spielt eine Jazz-Band. Wir geniessen den unterhaltsamen Abend.
Um zehn Uhr hört die Band auf zu spielen. So fällt es uns leichter Altdorf zu verlassen. Es geht zurück zur Talstation. Die Nacht ist klar und die Sterne funkeln. Hier oben ist man dem Himmel viel näher. Die Fahrt in der Seilbahn ist um diese Zeit ein richtiges Erlebnis. Aber nicht, dass Bernadette jetzt jeden Abend nach acht Uhr seilen muss. Wir wechseln noch ein paar Worte mit Bernadette und bedanken uns herzlich, dass sie uns um diese Zeit noch geseilt hat. Danke Bernadette!
Ich bringe Kristin zur Chäsi und fahre zu meiner Hütte. Ohne Taschenlampe ist es gar nicht so einfach dem Eingang zu meiner Hütte zu finden. Ich sehe den Weg nicht, den ich gehe. Zum Glück ist es dunkel. Ich torkle wie ein Besoffener auf dem unebenen Weg zu meiner Hütte. Vor der Hütte gibt es keinen Lichtschalter. Mit den Händen suche ich das Schlüsselloch. Ich öffne die Tür täglich, aber wo ist dieses Loch für den Schlüssel. Ziemlich weit unten! Ich hatte das gar nicht so in Erinnerung.
Irgendwas fällt auf den Boden. Ich mache Licht. Ein Stück Holz, daneben ein Zettel: «Hund ist im WC-Vorraum, war draussen.» Schnell öffne ich die Tür zum WC. Sina stürmt hinaus, pflotschnass. «Arme Sina! Wie bist du nur aus der Hütte ins Freie gekommen?»
Klar! Das Schlafzimmer-Fenster! Ich schliesse das immer, wenn ich aufstehe. Aber Reto hat das heute morgen bestimmt nicht gemacht. Ich gehe hoch und tatsächlich: Das Fenster steht offen.
Sina war also wie Sally der Bordercollie bei der Bergstation beim Gewitter draussen. Kein schöner Gedanke. Sina ist schwer einzufangen, wenn sie beim Gewitter draussen ist. Zum Glück konnten Marlise und Vali sie einsperren. Es ist schon bald Mitternacht. Ich werde erst Morgen erfahren, wie sie Sina einfangen konnten. Sina wird abgetrocknet und dann gehen wir alle schlafen. Morgen werden wir nicht so früh aufstehen wie geplant.