Du bist hierWeblogs / Gaby Oswald's blog / Schaf-Aufzug

Schaf-Aufzug


VonGaby Oswald- Geschrieben am21 June 2008

Mami, Reto und ich fahren mit der Seilbahn ins Tal. Heute werden die Schafbesitzer ihre Schafe auf die Sittlisalp treiben. Das wollen wir nicht verpassen.

Die Schafhalter haben sich um 6.45 Uhr bei der Kapelle verabredet. Wir nehmen die 7 Uhr Bahn. Unten angekommen herrscht reges Treiben. Viele Schafe wären bereit für den Aufzug, aber ganz oben auf der linken Talseite sind noch sechs Schafe, die dazu scheinbar keine Lust haben und viel lieber im Hang stehen bleiben wollen. Vali eilt zu ihnen hoch, um sie herunterzutreiben. Ein Hund wäre jetzt Gold wert. Leider sind die Schafe keine Hunde gewohnt und Nazca noch nicht wirklich Berg tauglich. Kommt hinzu, dass ich die Schafe erst auf der Sittlisalp übernehmen werde. Noch sind die Schafbesitzer also für ihre Schafe verantwortlich. Josi kommt, grüsst uns und steigt ebenfalls den Hang hoch um Vali zu helfen. Nach gut fünfzehn Minuten haben sie die sechs Individualisten endlich unten.

Ein älterer Mann und zwei Kinder versperren den Weg, damit die wartenden Schafe nicht loslaufen. Jetzt geben sie den Weg frei und die Schafe laufen zügig Richtung Brunni.

Im Wald geht es schnell vorwärts. Wir können kaum Schritt halten. Bald sehe ich keine Schafe mehr. Einige (sehr gut genährte) Schafbesitzer übergeben mir bereits die Begleitdokumente, da sie nicht bis auf die Sittlisalp mit kommen können.

Ich will hier unten nicht quatschen, ich will zu den Schafen. Wenn ich hier noch lange reden muss, verpasse ich alles. Sagen tue ich das aber natürlich nicht.

Ich leihe noch meinen Kugelschreiber aus, damit der eine etwas in seinem Dokument abändern kann. Dann endlich können wir weiter. Ich würde am liebsten den Schafen hinterher rennen, nehme aber doch Rücksicht auf meine Mutter und Reto.

Es wird wärmer und auch ich kann nicht mehr so schnell gehen wie ich möchte. Den Schafen geht es auch so. Oberhalb der Waldgrenze geht es kaum mehr vorwärts. Wir holen die Schafe ein und ich helfe mit Nazca die Schafe hochzudrücken. Die Schafe hecheln stark und ein Bock bewegt sich kaum noch. Drei Personen versuchen ihn anzutreiben. Auch Nazca leistet vollen Einsatz. Aber der Bock kann nicht mehr. Hechelnd steht er da. Ihm ist alles egal. Vali entscheidet, den Bock ins Tal zu bringen, da  er zu schwer sei und den Aufstieg nicht schaffe. Er geht mit dem Bock hinunter zum Wald und bindet ihn im Schatten fest. Später wird er ihn dort mit einem Transporter abholen und in den nächsten Tagen zum Metzger bringen.

Wir erreichen die Sittlisalp und ich bringe Nazca in meine Hütte, denn sie ist völlig geschafft. Dafür dürfen Ocean und Sina bei der letzten Etappe bis zur Unterstaffel mitlaufen.

Endlich! Die Schafe haben es geschafft. Viele laufen zu den Schneefeldern und ruhen sich dort aus. Andere gehen langsam weiter hoch, sie kennen den Weg zur grossen Spitze.

Wir packen unser Mittagessen aus und geniessen die Aussicht. Ich bekomme die letzten Dokumente ausgehändigt. Nun gehören 670 Schafe bis Mitte September mir. Ich freue mich auf diese Zeit als Hirtin.